Der Faktor Persönlichkeit: Wie das Teilen von Forschungsdaten gefördert werden kann

Das Teilen von Forschungsdaten ist ein soziales Dilemma. Denn obgleich das Teilen von Forschungsdaten großes Potential für den wissenschaftlichen Fortschritt bietet, wird dies seitens der Wissenschaftler/innen selbst wenig praktiziert. Welche Rolle innerhalb dieses sozialen Dilemmas die Persönlichkeit der Wissenschaftlerin bzw. des Wissenschaftlers spielt und welche individuellen Hindernisse und Anreize beachtet werden müssen, nimmt eine Untersuchung der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft in Kooperation mit dem Leibniz-Forschungsverbund Science 2.0 in den Blick.

Ob ein Wissenschaftler oder eine Wissenschaftlerin seine oder ihre Forschungsdaten teilt, hängt mitunter stark von der Persönlichkeit ab. Dies zeigte eine bundesweite fachübergreifende Studie mit 1.564 Probandinnen und Probanden im Rahmen des Leibniz-Forschungsverbundes Science 2.0 (http://www.leibniz-science20.de/de/).

Die Studie zeigte, dass je nach Persönlichkeit der Forscherin oder des Forschers verschiedene Anreize und Barrieren einen unterschiedlichen Stellenwert einnehmen.
Dr. Stephanie B. Linek, Wissenschaftlerin an der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft (http://www.zbw.eu) und Hauptautorin der Studie „Data Sharing as social dilemma“ erörtert: „Für einen offenen Austausch von Forschungsdaten ist es wichtig, auch auf die Forscher/innen selbst einzugehen und je nach Persönlichkeit individuelle Anreize zu bieten und subjektive Barrieren zu beseitigen.“

Zugrunde liegt der Untersuchung von Linek et al. (2017) eine Persönlichkeitstypisierung nach dem Fünf-Faktoren-Modell, d.h. (1) Extraversion / Neigung zu Geselligkeit, (2) Neurotizismus / Neigung zu emotionaler Labilität und Verletzlichkeit (3) Offenheit für Erfahrungen /Aufgeschlossenheit, (4) Verträglichkeit (Rücksichtnahme, Kooperationsbereitschaft, Empathie) und (5) Gewissenhaftigkeit /Perfektionismus. Zusätzlich wurden die Persönlichkeitsfacetten Machiavellismus (manipulative, eigennützige und instrumentelle Natur) und soziale Erwünschtheit sowie Alter und Geschlecht als soziodemographische Kontrollvariablen miteinbezogen.

Linek et al. ziehen unter anderem folgende Schlüsse aus ihrer Untersuchung:

  • Für Forscher/innen mit einem hohen Maß an Gewissenhaftigkeit bzw. Perfektionismus ist es wichtig zu wissen, wofür die Daten verwendet werden und wer Zugang zu den Daten hatte. Dabei kann auch der kommunikative Austausch mit den Sekundärdatennutzer/innen einen Anreiz bieten. Ein ähnliches Bild findet sich auch für die Persönlichkeitsdimensionen Extraversion/Geselligkeit und Verträglichkeit. Die Sekundärnutzung sollte also transparent sein und die Möglichkeit bieten, sich mit den Nachnutzer/innen der Daten auszutauschen.
  • Wissenschaftler/innen mit einer hohen Ausprägung an Neurotizismus, die Angst vor Kritik und Datenverfälschung haben, motivieren eher detaillierte Informationen über das konkrete Verfahren der Datenverteilung, Nutzungseinschränkungen und spezifische Nutzungsvereinbarungen der sekundären Datenverwendung. Ebenso Mitspracherecht oder eine Veto-Option in Bezug auf die sekundäre Datennutzung können interessante Anreize bieten.
  • Die Unterstützung durch den Arbeitgeber ist vor allem für Forscher/innen mit einem hohen Maß an Offenheit und mit einem hohen Maß an Verträglichkeit ein wichtiger Anreiz für das Datenteilen.
  • Die Befunde zur sozialen Erwünschtheit stützen die Annahme früherer Studien, dass Publikationen wichtiger sind als der wissenschaftliche Austausch in Form von Datenteilen. Insofern sollte das Teilen von Forschungsdaten mehr formale Anerkennung erfahren und entsprechende karriereförderliche Anreize eingeführt werden.
  • Die Ergebnisse zu Machiavellismus einerseits und Geschlechtsunterschieden andererseits lassen zudem vermuten, dass es nicht nur um die Ausgestaltung bestimmter Konditionen geht, sondern auch um die faire und demokratische Nutzung der bereits vorhandenen Möglichkeiten (Anreize und Barrieren).

Die Studie entstand in Kooperation mit der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft, dem DIW Berlin, dem Alexander-von-Humboldt-Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG) und der VU University Amsterdam. Es handelt sich um eine Kooperationsarbeit im Rahmen des Leibniz-Forschungsverbundes Science 2.0.

Zum Artikel:
Linek, S. B., Fecher, B., Friesike, S. & Hebing, M. (2017). Data sharing as social dilemma: influence of the researcher’s personality. PLoS ONE 12(8): e0183216. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0183216

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